Körper in Feinripp, Menschen, die sich aus Pullovern kämpfen, auf dem Boden nachlässig verstreute Kleidung: Im Werk des Malers Cornelius Völker spielen Textilien eine bedeutende Rolle. So malt er Geschirrtücher am Küchenhaken hängend wie abstrakte Farbfeldmalereien im Raum. Seine Flaschenstillleben und Bilder von Cocktails zeigen hochprozentigen »guten Stoff«. Hinzu kommt eine Serie mit Drogen wie Cannabis, Angel Dust oder Blue Punisher, die häufig auch als »Stoff« bezeichnet werden. Und es gibt den »Lesestoff«, das kulturell durchaus positiver konnotierte Suchtmittel, das Völker mit seinen Bildern von Bücherstapeln repräsentiert.
»Stoff« ist jedoch nicht nur direkt bzw. metaphorisch ein Hauptmotiv seiner Werke, vielmehr bestimmt die Stofflichkeit Völkers Malprozess grundlegend. Pastose Farbschichten und transparent wirkende Bildpartien wechseln sich auf dem
Stoffgrund seiner Malerei, der Leinwand, ab. Was aus der Ferne als Tweedrock eindeutig fixierbar erscheint, wird in der Nahsicht zur informell-gestischen Malerei. Seine Bildserie »Müll« mit zermatschtem Obst und verschimmelten Essensresten
spielt mit der Vergänglichkeit und Auflösung der Formen. In der motivischen Tradition der Vanitasdarstellung ist sie zugleich auch Reminiszenz an die informelle Malerei und die »Drippings« des Action Painting. Die Serien »Schokolade« wie auch die »Buchkanten« dagegen lassen die Hard Edge-Malerei der frühen 1960er Jahre aufscheinen. Cornelius Völkers Malerei zeigt höchste Bewusstheit für die kunsthistorische Tradition als Entstehung von Malerei aus der Malerei.
Dabei entwickelte der Künstler seine Bildsprache in einer Zeit, die vom Diskurs über das »Ende der Malerei« geprägt war. Der 1965 in Kronach geborene Cornelius Völker studierte von 1989 bis 1995 an der Kunstakademie Düsseldorf und stellte
sich bewusst quer zu den damals diskursbeherrschenden Positionen konzeptueller und mediengeprägter Kunst. In einem skeptischen Umfeld entwickelte er seine Malerei von Alltagsgegenständen, die zunächst als wenig »bildwürdig« erscheinen.
Für Cornelius Völker werden scheinbar achtlos hinweggeworfene Kleidungsstücke, eingelegte Gurken, leeres Bonbonpapier, Pakete zweifelhaften Inhalts und blutige Tampons zur malerischen Herausforderung. Sie erscheinen so realistisch wie abstrakt, manchmal abstoßend und verführerisch zugleich.
Cornelius Völker, seit 2005 Professor an der Kunstakademie Münster, wurde 2023/24 mit einer umfassenden Werkschau im Museum Kunstpalast in seiner Heimatstadt Düsseldorf geehrt. Seine Werke werden in zahlreichen Ausstellungen national und international gezeigt. Die Themenausstellung »Guter Stoff« konzentriert sich auf den Stoff als Motiv und
Material seiner Malerei. Die »Leinenstadt Bielefeld« mit ihrer großen textilen Tradition erscheint für eine solche Werkauswahl prädestiniert.