Eine interessante Publikation im Kant-Jahr 2024 zeichnet ein Gespräch zwischen dem deutschen Autor Daniel Kehlmann und dem israelischen Philosophen Omri Boehm, dem Verfechter eines radikalen Universalismus, auf.
Daniel Kehlmann zeigt sich darin als unerwarteter Kant-Kenner und sehr versierter Fragesteller. Boehm wird im philosophischen Dialog zu deutlichen Präzisierungen und Erläuterungen der Position Kants herausgefordert. So erschließt sich das Denken Kants in verständlicher Form und in vielfältigen Perspektiven. Kant wird quasi zum Zeitgenossen und Gesprächspartner eines lebendigen Philosophierens.
Eine besondere Aufmerksamkeit richten die beiden auf den Stellenwert der Ethik bei Kant, und sie kommen zu überraschenden Einsichten, so z. B. Kehlmann: „Das heißt, im Grunde ist der Sternenhimmel genau deshalb so beeindruckend, weil er letztlich bedeutungslos ist für uns als moralische Wesen.“ (S. 39) Darauf antwortet Boehm, dass die unendliche Natur in der physischen Welt überlegen sei, zugleich aber eine Möglichkeit zum Menschsein in Freiheit zulasse. „Kant fordert uns auf, die Antwort weder in einer Identifikation des Menschen mit dem Tier noch in der Rückkehr zu Gott oder gar in der Zuflucht zum Übermenschen zu finden, sondern in der Rückkehr zum Menschen. Darin besteht die Bedeutung der kopernikani-schen Revolution.“ (S. 41) Wie ist das denkbar? Welche Konsequenzen ergeben sich daraus? Nur zwei der Fragen, um die es im gemeinsamen Gespräch an diesem Abend gehen soll.
Impuls und Einführung Hans-Joachim Bölling